Roadtrip durch die Romanik
Fünf Reiseblogger aus vier Ländern inspizierten eine Woche lang die Straße der Romanik und berichteten im Internet über ihrer Erlebnisse. Das ist ihr Fazit.
Von Julius Lukas
An den Pferden im Hof von Schloss Neuenburg (Burgenlandkreis) ist kein Vorbeikommen. „Los, da müssen wir drauf reiten“, sagt Nina Kogej. Verónica Martínez und Nienke Krook folgen ihr sofort. Schnell erobern sie die Pferde – Holzpferde wohlgemerkt, bordeauxrot und eigentlich für Kinder gedacht.
Doch nun sitzen die drei Frauen auf ihren Rücken und posieren für Fotos und Videos. Und die landen wenig später schon – wenn der mobile Internetzugang zwischen Saale und Unstrut es erlaubt – in den sozialen Netzwerken: Instagram, Facebook, Twitter oder Pinterest – das ist die Welt, in der sich die drei Frauen wohlfühlen.
Sie gehören zu einer Gruppe internationaler Blogger, die Mitte August die Straße der Romanik inspizierten. Sechs Tage waren sie der mittelalterlichen Epoche in Sachsen-Anhalt auf der Spur. Blogger, das sind Journalisten, die für ihre eigene Internetseite sowie ihre Auftritte in den sozialen Medien schreiben und fotografieren. Sie bedienen viele der Kanäle, die das weltweite Netz zu bieten hat. Meist haben sie ein festgelegtes Themengebiet. Die Blogger, die im Hof der Neuenburg die Pferde gesattelt haben, wollen ihren Lesern die weite Welt zeigen. Sie sind Reiseblogger.
Nina Kogej, eine Slowenien, war mit ihrem Mann Simon gerade in New York unterwegs. Verónica Martínez aus Spanien hat sich Großbritannien und Irland angesehen und die Griechin Chrysoula Manika bereiste 17 Tage lang alle Winkel Tschechiens. „Als Reiseblogger ist es normal, dass man ständig in der Welt unterwegs ist“, sagt Martínez.
Sachsen-Anhalt allerdings ist für alle touristisches Neuland. „Hier waren wir noch nie“, sagen die Dauerreisenden. Die Einladung auf das unbekannte Terrain kam vom Verein Transromanica. Der ist ein Zusammenschluss bedeutender romanischer Routen in Europa. Auch die Straße der Romanik gehört dazu. Allerdings lockt die Strecke durch Sachsen-Anhalts bisher vor allem deutsche Touristen an. „Mit der Bloggerreise wollen wir auch ausländische Besucher begeistern“, sagt Christin Leser von Transromanica.
Dabei sollen die sechs Internetjournalisten helfen. Denn die haben in ihren Ländern eine große Anhängerschaft. „Die Straße der Romanik wird durch die Blogger überall in Europa bekanntgemacht“, meint Leser. Als Verein könne man eine so große Reichweite alleine gar nicht erzielen.
Reiseblogger sollen jüngeres Zielpublikum für die Straße der Romanik begeistern
Die Internetjournalisten sprechen zudem ein jüngeres Publikum an. Das liegt an den Kanälen, über die sie ihre Fotos, Videos und Beiträge schicken. Plattformen wie das Bilderportal Instagram oder die virtuelle Pinnwand Pinterest ziehen eher junge Nutzer an. Hinzu kommt, dass die Blogger anders an Themen herangehen – personalisierter und auch deutlich verspielter.
Was das bedeutet, ist in der Kinderkemenate von Schloss Neuenburg zu sehen. Die Räume sollen Kindergruppen das Mittelalter näher bringen. Doch nachdem die fünf Romanikreisenden die Pferderücken verlassen haben, rüsten sie sich nun mit Pappschildern und Holzschwertern aus und erklimmen mit gekröntem Haupt den nachgebauten Thron.
Von dort schauen sie mal mit adligem Anmut, mal mit wilden Grimassen in die Smartphone-Kamera. Bei der Niederländerin Nienke Krook bleibt die Krone allerdings im schulterlangen Haar stecken. „Jetzt muss ich mir wohl die Haare abrasieren“, meint sie amüsiert. Soweit kommt es dann allerdings nicht.
Der unbeschwerte Umgang mit Themen, sich selbst nicht allzu ernst nehmen – das zeichnet Blogger aus. Und auch, dass sie sich oft selbst in den Mittelpunkt stellen. Denn eigentlich heißt ihr Thema nicht nur „Reisen“, sondern viel mehr: „Ich reise“.
In der Internetgemeinde stößt das auf viel Zuspruch. Die fünf Blogger haben Hunderttausende Fans in der Online-Welt. Was sie schreiben, erreicht Menschen überall in Europa und sogar darüber hinaus. Zumindest einen kleinen Teil von ihnen auf die Straße der Romanik zu locken, das wäre schon ein großer Erfolg.
Und Christin Leser vom Verein Transromanica ist optimistisch, dass das funktionieren wird: „Wir hatten solch eine Bloggerreise vor zwei Jahren schon einmal durch Österreich und Serbien gemacht – und der Zuspruch danach war enorm.“
Die Blogger zumindest zeigen sich positiv überrascht von ihrer Reise durch die Bauten des frühen Mittelalters. Zum Mittagessen kehren sie in die Burgwirtschaft Schloss Neuenburg ein. Ein rustikales Restaurant. Hier gibt es deftige Speisen, aber auch leichte Kost. Bei Flammkuchen, Salat und Bratwurst ziehen die fünf Profi-Touristen nach fünf Tagen Sachsen-Anhalt ein erstes Resümee.
Gestartet waren sie in Magdeburg, von wo aus sie auch das Kloster Jerichow (Landkreis Stendal) besuchten. „Das hat mich sehr fasziniert“, sagt Nina Kogej. Das Bauwerk mit seinen schönen Bögen sei sehr fotogen. Begeisterung löste auch der Halberstädter Dom aus – nicht nur, weil George Clooney dort seinen Film „Monuments Men“ drehte. „Der Schatz und die Teppiche sind echt beeindruckend“, sagt Chrysoula Manika.
Doch nicht allein die kulturellen Schätze machten die Region spannend. „Es ist die Mischung“, sagt Nienke Krook. Denn die Organisatoren von Transromanica reihten nicht ein historisches Bauwerk an das nächste. Zum Programm gehörten auch Kontrapunkte: ein Flug mit der Seilrutsche entlang der imposanten Rappbodetalsperre („großer Nervenkitzel“), eine Bootsfahrt auf der Elbe („mit romantischem Sonnenuntergang“) oder eine Wanderung durch die Weinberge im Süden des Landes („macht Lust auf die regionalen Köstlichkeiten“). „Man kann hier Kultur und Abenteuer für alle Altersgruppe perfekt verbinden“, sagt Krook. Und Nina Kogej ergänzt: „Ich würde das definitiv als Roadtrip empfehlen – mit dem Auto lässt sich das Land total gut erkunden.“
Nach dem Mittagessen und einem Abstecher zum imposanten Bergfried „Dicker Wilhelm“ nehmen die fünf dann Abschied von der Neuenburg. Der Blick geht vom Bauwerk ins Tal der Unstrut. Unten mäandert der Fluss, oben verdeckt keine Wolke das Himmelblau. Und dazwischen zeichnen kleine Orte lebendige Punkte in die hügelige Landschaft. Eine bessere Werbung als diesen Ausblick – da sind sich alle einig – kann es für die Region und die Straße der Romanik eigentlich gar nicht geben.